Wo Betonzigarren in den Himmel ragen

Keine andere Stadt in Deutschland hat mehr als Gießen: Ganze acht sogenannte Winkelbunker sind im Stadtgebiet zu finden. Dienten sie früher als Luftschutztürme im Zweiten Weltkrieg, sind sie heute sichtbares Mahnmal der Geschichte, beliebter Nistplatz für Turmfalken, farbenfrohes Kunstobjekt oder gar ein Eldorado für Kletterer aus der Region. Wir von der Gießen Marketing GmbH stellen diese äußerlich kuriosen Bauwerke vor, die Gießen damit zur ungekrönten Hauptstadt der „Betonzigarren“ machen.

 Wer mit offenen Augen die Stadtquartiere entlang der Grünberger Straße durchstreift, wird dem ein oder anderen Betonkoloss schon begegnet sein. Denn sechs der acht sogenannten Hochbunker der Bauart „Winkel“ sind unweit dieser Gießener Hauptstraße zu finden. Benannt sind sie nach ihrem Erbauer Leo Winkel, der mit seiner Firma in den dreißiger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts das Patent für die Konstruktionsidee anmeldete. Deutschlandweit wurden im Zuge des Zweiten Weltkrieges rund 200 solcher Bunker errichtet, die im Volksmund „Betonzigarre“ oder „Zuckerhut“ genannt werden. Ihre besondere Form sollte im Angriffsfall Bomben nur eine geringe Aufprallfläche bieten. Bei einem Treffer sollten die Sprengkörper ohne zu explodieren an der Bunkeroberfläche abgleiten. Je nach Bautyp konnten in den offiziell »Luftschutztürmen« genannten Anlagen zwischen 150 und 600 Personen Zuflucht finden.

Standorte der Bunker

Zwei Hochbunker stehen auf dem Gelände der Gesellschaft für soziales Wohnen in der Hannah-Arendt-Straße. Gleich vier Bunker sind auf dem Gelände der ehemaligen Bergkaserne zu bestaunen und zwar zwischen der Musikschule Gießen und dem Rewe-Markt, am Hauptzollamt Gießen an der Grünberger Straße, zwischen Kindergarten und Kirche St. Thomas Morus sowie hinter dem Gebäudekomplex der ehemaligen Bergkaserne zwischen Mittermaierstraße und Kugelberg. Etwas weiter weg, auf dem Gelände der Rivers Barracks, wo heute die Kreisverwaltung ihren Sitz hat, kann man Bunker sieben und acht entdecken.

Kunst und Kletter-Eldorado

Während die Bunker an der ehemaligen Bergkaserne und auf dem Gelände der Kreisverwaltung mit unverfälschter Tristesse glänzen, sind die Bauwerke an der Hannah-Arendt-Straße, wo die Gesellschaft für Soziales Wohnen (GSW) ihren Sitz hat etwas ganz Besonderes: Einer wurde im Rahmen eines Kunstprojektes bunt angemalt und ist zu einem richtigen Wahrzeichen geworden mit seinen weißen Tupfen auf blauem Grund und mit gelber Spitze. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Kletterbunker. Dieser ist seit nahezu 21 Jahren Treffpunkt für Kletterbegeisterte in der Gießener Region. Die Idee dazu entstammt einem Seminar am Fachbereich 06 der Justus-Liebig-Universität. Gemeinsam mit den Kooperationspartnern GSW, der THM (damals Fachhochschule Gießen-Friedberg), des Deutschen Alpenvereins (DAV) Sektion Oberhessen und der Jugendhilfe der Arbeiterwohlfahrt wurde der Bunker zu einem lebendigen Ort. Heute wird dieses Kletter-Highlight der Region von der GSW, dem DAV Sektion Oberhessen und der JLU Gießen, Fachbereich 06 in Kooperation geführt.

Kletterer dürfen den Turm übrigens selbständig nutzen (Montags bis samstags von 9 bis 21 Uhr) und den 19 Meter hohen Bunker erklimmen, wenn sie dafür die gültige Kletterordnung unterzeichnen und in der Lage sind, ihr Seil im Vorstieg einzurichten. Weitere Informationen sowie die Kletterordnung sind unter www.kletterbunker.de zu finden und auf www.gsw-giessen.de.

Besonderer Tipp:

Interessierten Kletterern sei der Topo-Guide des Gießeners Micha Rinn ans Herz gelegt. Unter www.vertikale-welten.de/link/spitzbunker informiert Rinn stets aktuell aber ohne Gewähr über den Routenstand am Kletterbunker.


Schlagworte: Betonzigarren, Sehenswertes, Spitzbunker Gießen, Stadtgeschichte
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